Im Interview: Monika Fesl, Leiterin des Sozialdienstes an den Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen und zertifizierte Ethikberaterin
Die Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen haben eine unternehmensinterne Leitlinie, die das Selbstbestimmungsrecht ihrer Patienten sicherstellt. Erarbeitet wurde sie vom Arbeitskreis zur Einrichtung eines klinikinternen Ethikkomitees. Ethikberaterin Monika Fesl gibt Einblicke in das Thema.

Hohes Gut: das Selbstbestimmungsrecht von Patienten. (Foto: Melpomene, fotolia.com)
Warum wurde die Leitlinie erarbeitet?
Monika Fesl: Grundsätzlich ist jede Behandlungsmaßnahme beziehungsweise deren Unterlassung nur zulässig, wenn der Patient umfassend informiert worden ist und seine Zustimmung gegeben hat. Das Selbstbestimmungsrecht ist in Deutschland ein so hohes Gut, dass es sogar als Grundrecht jedem Bundesbürger garantiert wird. Ist ein Patient nicht mehr ansprechbar, beispielsweise in Notfällen, ist es für Ärzte nur sehr schwer, den mutmaßlichen Willen seines Patienten in Bezug auf die mögliche Behandlung herauszufinden. Die erarbeitete Leitlinie soll sie hierbei unterstützen.
Seit vielen Jahren ist es den Bürgern möglich ihren Willen in Patientenverfügungen festzuhalten. Wird von dieser Möglichkeit zu wenig Gebrauch gemacht?
Fr. Fesl: Um eine Patientenverfügung zu erstellen, muss sich der Mensch vorher intensiv mit seinen eigenen Wertvorstellungen auseinander setzen. Diese sind dann in einer Patientenverfügung klar zu benennen und zu beschreiben. Ist ein Patient unheilbar krank, kann eine Patientenverfügung sehr sinnvoll sein, um seinen letzten Lebensweg aktiv selber zu gestalten.
Was für Möglichkeiten gibt es, den mutmaßlichen Patientenwillen herauszufinden, wenn ein nicht ansprechbarer Patient zuvor keine Patientenverfügung erstellt hat?
Fr. Fesl: Es ist Aufgabe des Behandlers, den mutmaßlichen Willen seines Patienten zu eruieren. Dies geschieht durch die Recherche in seinem familiären und sozialen Umfeld. Ist keine vertraute Person im familiären und sozialen Umfeld auffindbar, dann muss unter Umständen eine Betreuung über das Amtsgericht eingeleitet werden. Das Amtsgericht bestellt daraufhin einen Betreuer. Dessen Aufgabe ist es, Entscheidungen im Sinne der betroffenen Person zu finden.
Gibt es die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten bereits im Vorfeld zu bestimmen?
Fr. Fesl: Jeder hat die Möglichkeit, eine Vorsorge zu treffen. So kann eine Betreuungsvollmacht erteilt werden, zum Beispiel für die Bereiche Gesundheit, Aufenthalt, soziale Bereiche, Finanzen, Postangelegenheiten oder das Abschließen von Verträgen, beispielsweise einen Heimvertrag. Eine Betreuungsvollmacht kann von informierten Menschen selbst ausgestellt oder notariell erstellt und im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegt werden. Grundsätzlich sollen vor Erstellung einer Betreuungsvollmacht intensive Gespräche zwischen dem Vollmachtgeber und dem Vollmachtnehmer stattfinden und die Werte und Lebensvorstellungen mitgeteilt werden. Gut ist es, diese Gespräche in zeitlichen Abständen zu wiederholen beziehungsweise zu aktualisieren. Sollte das Vertrauensverhältnis zwischen den Beiden zu einem späteren Zeitpunkt zerstört werden, so kann der Vollmachtgeber die Vollmacht widerrufen beziehungsweise das Formular der Betreuungsvollmacht zurückfordern und vernichten.