Darmkrebs: Früherkennung kann Leben retten

Landkreis Passau GesundheitseinrichtungenAllgemein, News, Startseite VOF

Darmkrebs ist bei Männern die dritthäufigste, bei Frauen sogar die zweithäufigste Tumorerkrankung. Trotz guter Vorsorgeangebote durch die Krankenkassen erkranken jährlich immer noch ca. 55.000 Menschen daran – und ca. 25.000 sterben. Die meisten dieser Todesfälle wären aber durch die Darmkrebsvorsorge vermeidbar.

VON PRIV.-DOZ. DR. MED. JÖRG SCHEDEL, CHEFARZT INNERE MEDIZIN & GASTROENTEROLOGIE AM KRANKENHAUS ROTTHALMÜNSTER

Darmpolypen sind nicht immer gefährlich. Aber aus ihnen kann Darmkrebs entstehen. (Foto: peterschreiber.media/Adobe Stock)

Welche Risikofaktoren gibt es für Darmkrebs?

Bekannt ist, dass das Risiko von Darmkrebs mit dem Alter, aber insbesondere auch mit Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, Diabetes, Adipositas (krankhaftes Übergewicht) und Bewegungsmangel ansteigt. Besonders betroffen sind auch Menschen, deren Verwandte ersten Grades bereits an Darmkrebs erkrankt sind. 

Chefarzt Priv.-Doz. Dr. med. Jörg Schedel, Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologie

Welche Möglichkeiten bestehen, um Darmkrebs zu verhindern?

Männer und Frauen im Alter von 50 bis 54 Jahren können jährlich einen immunologischen Test (iFOBT) auf nicht-sichtbare Blutspuren im Stuhl durchführen lassen. Ab dem 55. Lebensjahr alle zwei Jahre, sofern noch keine Vorsorge Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt, durchgeführt wurde. Die Darmspiegelung ist deutlich aussagekräftiger und die wichtigste Untersuchung zur Krebsfrüherkennung. Da Männer im Vergleich zu Frauen ein höheres Risiko aufweisen, an Darmkrebs zu erkranken, wird Männern eine Darmspiegelung ab dem 50. und Frauen ab dem 55. Lebensjahr angeboten.

Alle Versicherten ab diesem Alter erhalten von ihrer Krankenkasse Einladungen zu einer Koloskopie mit ausführlichen Informationen. Diese kann nach zehn Jahren wiederholt werden, wenn die erste Vorsorge Koloskopie vor dem Alter von 65 Jahren erfolgte.

  • Können Komplikationen während oder nach einer Darmspiegelung auftreten?

    Es gibt verschiedene Risiken und Komplikationen, die im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs vor der Spiegelung ausführlich mit den Patienten besprochen werden. Zunächst sind die Risiken der Kurznarkose anzusprechen, die insbesondere vor dem Hintergrund von Herz- und Lungenerkrankungen oder bekannten Allergien relevant werden können. Weitere Risiken bei einer Spiegelung sind Blutungen oder Nachblutungen nach der Entnahme von Gewebeproben oder der Abtragung von Polypen, ebenso wie Schmerzen. Außerdem wird im Vorfeld auch über das Risiko einer Perforation (Darmdurchbruch) aufgeklärt. Insgesamt ist die Komplikationsrate der Darmspiegelung jedoch sehr niedrig und beträgt in aller Regel < 1 Prozent.

  • Wie funktioniert eine Darmspiegelung?

    Bei der Darmspiegelung untersucht der Arzt die Schleimhaut des Dickdarms direkt auf krankhafte Veränderungen. Dazu wird unter Kurznarkose durch Anwendung eines flexiblen Schlauchs mit einer hochauflösenden Optik am Ende des Geräts nach sogenannten Polypen gefahndet, die sich je nach feingeweblicher Einordnung (Adenome) zu bösartigen Tumoren (Krebs) entwickeln können. Mittels verschiedenartiger Techniken können diese Polypen während der Untersuchung entfernt werden. Wichtig für eine gute Beurteilbarkeit der Darmschleimhaut ist dabei die Qualität der Darmreinigung (Sauberkeit).

Bei einer Polypektomie wird ein Instrument mit einer feinen Drahtschlinge über den Arbeitskanal des Endoskops ins Darminnere geschoben, um vorhandene Polypen zu entfernen. (Foto: phonlam-aiphoto/Adobe Stock)

Welche Erfolgsaussichten hat eine Darmspiegelung?

In den Jahren 2002 bis 2012 wurden durch Entdeckung und Entfernung von Adenomen nach Modellrechnungen mehr als 180.000 Darmkrebserkrankungen verhütet, in mehr als 40.000 Fällen wurde Darmkrebs frühzeitig entdeckt und konnte dann mit höheren Chancen auf Heilung behandelt werden. Die Entdeckungsrate von Adenomen – ein Indikator für die Qualität von Vorsorge-Koloskopien – ist über die Jahre angestiegen und liegt bundesweit mittlerweile bei über 30 Prozent für Männer und 20 Prozent für Frauen.

    Aus einer Langzeitstudie im Saarland, in welcher verschiedene Erkrankungen seit dem Jahr 2000 verlaufsbeobachtet werden, ist bekannt, dass diejenigen Teilnehmer, die eine Vorsorge-Koloskopie wahrgenommen hatten, ein um 60 Prozent niedrigeres Risiko aufwiesen, Darmkrebs zu entwickeln, als Studienteilnehmer, die das Vorsorgeangebot nicht genutzt hatten. Das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, war in der Screening-Gruppe in den 10 Jahren nach der Koloskopie sogar um 70 Prozent niedriger.

    Die Koloskopie ist also eine sehr wirksame Maßnahme zur Früherkennung von Darmkrebs mit einer sehr geringen Komplikationsrate. Von entscheidender Bedeutung ist allerdings, dass sie vom Untersucher in hoher Qualität durchgeführt wird, dies setzt entsprechende Erfahrung, Sorgfalt und Zeit voraus. Um Polypen möglichst gut aufzuspüren, kann mittlerweile auch “Künstliche Intelligenz” (KI) eingesetzt werden, also Computerprogramme, die den Untersucher beim Aufspüren von Polypen unterstützen. 

    Solange sich solche (kostenintensiven) KI-Programme in der Versorgung noch nicht flächendeckend durchgesetzt haben, gilt aber nach wie vor das Mehr-Augen-Prinzip: Alle an der Untersuchung Teilnehmenden, d. h. der behandelnde Arzt und zwei Endoskopie-Fachpflegekräfte, fahnden gemeinsam nach Polypen und erhöhen so die Detektionsrate beträchtlich.

      Wie viele Menschen nehmen an der Darmkrebsvorsorge teil?

      Viele Menschen möchten sich mit dem Thema Krebs nicht beschäftigen. Viele haben auch Sorge davor, eine Darmspiegelung könnte unangenehm, schmerzhaft sein oder oft zu Komplikationen führen. Um den Darm entsprechend zu säubern, gibt es mittlerweile verschiedene, nicht unbedingt schlecht schmeckende Abführlösungen. Und die Spiegelung an und für sich “verschläft” der Patient durch die Kurznarkose. Trotz dieser Faktoren nehmen nur etwa 5 bis 10 Prozent der eigentlich berechtigten Menschen an der Vorsorge-Koloskopie teil.

      zur Fachabteilung