Versorgung in Rheumaklinik Ostbayern noch interdisziplinärer

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Standortwechsel: Gebündelte Fachkompetenz durch Umzug ins Krankenhaus Rotthalmünster – leichtere Zusammenarbeit bei komplexen Fällen

Aufatmen nach neun Tagen in der Rheumaklinik: Monika Schindler-Töpfl (66) hat eine schwere Infektion der Lunge gut überstanden. An ihrem Entlasstag dankt sie ihren behandelnden Ärzten, Chefarzt Dr. Sebastian Schnarr (2.v.r.), dem leitenden Oberarzt Dr. Johannes Reichsöllner (r.) von der Fachabteilung für Lungenheilkunde sowie der stellvertretenden pflegerischen Stationsleitung Daniela Lew-Danninger (l.) herzlich für die kompetente Rundum-Betreuung.

Anfang des Jahres zog die Rheumaklinik Ostbayern von Bad Füssing ins nahegelegene Krankenhaus Rotthalmünster. Die 20 Betten der Klinik befinden sich nun direkt auf Station 3, nur wenige Schritte entfernt von der pneumologischen Fachabteilung, die auf Lungenheilkunde spezialisiert ist. Auch die anderen medizinischen Fachbereiche im Haus sind schnell erreichbar.

Mehr als nur Rheuma: ganzheitliche Versorgung

Für die Patienten bietet der Wechsel in die größte der drei Landkreiskliniken einen deutlichen Mehrwert: Rheuma ist eine komplexe Systemerkrankung. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Rheumatologie und den anderen Fachbereichen erleichtert es, mögliche Neben- oder Folgeerkrankungen noch frühzeitiger zu diagnostizieren und gezielter mit zu behandeln.

Im folgenden Interview spricht Dr. med. Sebastian Schnarr, Chefarzt der Rheumaklinik Ostbayern seit deren Gründung im Jahr 2006, über die Vorteile des Standortwechsels für die ganzheitliche Patientenversorgung.

Interview mit Chefarzt Dr. Sebastian Schnarr

Umzug nach fast 20 Jahren am selben Standort. Herr Dr. Schnarr, wie ist Ihr erste großes Zwischenfazit?

Chefarzt Dr. Schnarr: Anfangs haben wir natürlich das familiäre Ambiente des kleinen Hauses in Bad Füssing vermisst – und den schönen Blick in den Garten. Aber zum Glück hat das gesamte Rheumateam den Umzug sehr gut mitgemacht. Und das Krankenhaus Rotthalmünster bietet strukturell große Vorteile für die medizinische Versorgung unserer Patienten. Denn die Rheumatologie ist ein sehr interdisziplinäres Fach. Die meisten Menschen denken bei Rheuma nur an Gelenkprobleme, aber rheumatische Erkrankungen können viele Organsysteme betreffen. Dann sind auch Spezialisten anderer Fachgebiete gefragt.

Können Sie für diese interdisziplinäre Patientenversorgung konkrete Fallbeispiele nennen?

Chefarzt Dr. Schnarr: Gleich nach dem Umzug nach Rotthalmünster hatten wir z. B. einen Patienten, der wegen neu aufgetretener Gelenkentzündungen aufgenommen wurde. Eine „rheumatoide Arthritis“, klassisches  Gelenkrheuma, geht auch mit einem erhöhten Risiko für Gefäßerkrankungen einher. Am zweiten Abend klagte genau dieser Patient über Herzbeschwerden. EKG und Laborwerte ließen uns an einen drohenden Herzinfarkt denken. Nach Rücksprache mit den Kollegen der interventionellen Kardiologie aus dem Team von Chefarzt Dr. med. Christian Meyer wurde unser Patient direkt auf die Überwachungsstation / IMC verlegt. Von dort aus wurde eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Der Patient erhielt bei nachweisbaren Engstellen in den Koronargefäßen zwei Stents. Nach der Stabilisierung wurde der Patient auf unsere Rheumastation rückverlegt und nach erfolgter rheumatologischer Versorgung schließlich entlassen. So wurde nicht nur die rheumatische Erkrankung behandelt, sondern auch ein möglicherweise lebensbedrohlicher größerer Herzinfarkt vermieden.

Chefarzt Dr. Schnarr: Eine weitere Patientin war vier Wochen vor dem Aufenthalt in unserer Rheumaklinik bereits mit einer Gelenkentzündung bei uns gewesen. Ungewöhnlicherweise wurde die Gelenkentzündung trotz fortgeführter Kortisontherapie wieder schlechter, was uns Rheumatologen an eine seltene Darminfektion, den sog. Morbus Whipple, denken lässt. Leider kann man diese Infektion nicht über Bluttests nachweisen, sondern nur über eine Gewebeprobe aus dem Zwölffingerdarm. Zum Glück haben wir mit der Inneren Medizin und Gastroenterologie unter Chefarzt PD Dr. med. Gernot Wolkersdörfer kompetente Kooperationspartner im Haus, die diese Diagnostik in kürzester Zeit vornehmen können. Der Pathologe konnte aus der entnommenen Gewebeprobe zunächst unsere Verdachtsdiagnose bestätigen, der Mikrobiologe dagegen nicht – jetzt wird der weitere Verlauf zeigen, wie die Patientin optimal behandelt werden muss.

Sind solche komplexen, fachübergreifenden Verläufe eher Ausnahmen oder erleben Sie das in Ihrer Rheumaklinik häufiger? 

Chefarzt Dr. Schnarr: Inzwischen werden bei uns mehrfach pro Monat Rheuma-Patienten interdisziplinär versorgt. Ganz aktuell hatte eine Patientin mit langjährigem Gelenkrheuma ungewöhnlich hohe Entzündungswerte im Blut, obwohl die Gelenke gar nicht so schlecht aussahen. Ein Röntgenbild der Lunge erschien uns bei chronischem Husten seit vier Wochen bereits verdächtig, erst eine Computertomographie erbrachte dann aber den Nachweis über entzündliche Veränderungen. Wahrscheinlich hatte sich die Patientin bei ihrem Enkelkind im Kindergartenalter angesteckt. Aufgrund der Rheumamedikamente, die das Immunsystem bremsen, wurde ihr Körper nicht so richtig mit der Infektion fertig. Wir haben einen unserer Kollegen aus der Pneumologie / Lungenheilkunde, den leitenden Oberarzt Dr. med. univ. Johannes Reichsöllner, hinzugezogen. Es gelang ein Keimnachweis und die Patientin erhielt eine gezielte Antibiotikatherapie. Daraufhin besserte sich nicht nur ihr Wohlbefinden, sondern auch die Laborwerte, die uns zuvor Sorgen bereitet hatten.

War es Zufall, dass alle Beispiele aus dem Bereich der Inneren Medizin stammen oder ergeben sich auch mit anderen Fachabteilungen Synergien?

Chefarzt Dr. Schnarr: Das ist tatsächlich Zufall. Unsere Patienten profitieren nicht nur von der engen Zusammenarbeit mit der Inneren Medizin, sondern auch von den vielen weiteren Fachabteilungen im Krankenhaus Rotthalmünster. Ebenfalls besonders wichtig ist etwa die Zentrale Notaufnahme. Dort können auch rheumatologische Notfälle rund um die Uhr zuverlässig und schnell versorgt werden. Zudem schätzen wir die Intensivstation und die Intermediate Care vor Ort sehr, auch wenn wir sie als Rheumatologen nur selten brauchen. Bei kritisch kranken Patienten war früher in Bad Füssing der Weg zur Intensivmedizin doch relativ weit. Sehr bewährt hat sich auch die Zusammenarbeit mit der Orthopädie und Unfallchirurgie im Haus. Die Kollegen verhelfen unseren Rheumapatienten beispielsweise mit Gelenkersatzoperationen zu neuer Lebensqualität. Umgekehrt sind die Chirurgen dankbar, wenn ihnen ein Rheumatologe bei geplanten Operationen sagt, welche Medikamente pausiert und welche unbedingt weitergegeben werden müssen. Darüber hinaus gibt es auch mit der Urologie sowie der Allgemein- und Viszeralchirurgie immer wieder mal Berührungspunkte.

Im Juli sind auch die Rheuma-Ambulanz und das MVZ Bad Füssing mit den beiden Fachbereichen Rheumatologie und Psychotherapie ins Krankenhaus Rotthalmünster umgezogen. Seitdem ist alles “unter einem Dach” – was hat sich dadurch verändert?   

Ab dem 1. Oktober freuen wir uns zudem über personelle Verstärkung in unserer Rheuma-Ambulanz durch unsere erfahrene Oberärztin Dr. med. Daniela Hofbauer. Das ermöglicht uns, die Terminvergabe künftig flexibler gestalten zu können.Dr. Schnarr, Chefarzt Rheumaklinik Ostbayern
Chefarzt Dr. Schnarr: Ein Umzug bringt natürlich erst einmal viele organisatorische Aufgaben mit sich. Arbeitsabläufe müssen neu organisiert und festgelegte Abteilungsstandards angepasst werden. Gleichzeitig bietet der Zusammenschluss jedoch enorme Chancen – und die spüren wir bereits im Alltag. Der größte Vorteil ist, dass wir jetzt wieder ambulante und stationäre Versorgung an einem Standort vereint haben. So können wir die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen, was die Versorgungskontinuität für unsere Patienten erleichtert. Beispielsweise können wir stationären Patienten, die im Umfeld von Rotthalmünster wohnen, anschließend eine ambulante Weiterbetreuung ermöglichen.

Auch im Bereich Psychotherapie hat der neue Standort klare Vorteile: Dank eines größeren Raums können in Rotthalmünster auch Gruppentherapien angeboten werden. Der neue Therapieraum liegt bewusst etwas abseits vom regulären Klinikbetrieb – das schafft eine ruhige, geschützte Atmosphäre für die Patienten.


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