Kampf gegen das Übergewicht

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Krankhaftes Übergewicht, das der Gesundheit schaden kann, wird als Adipositas oder Fettleibigkeit bezeichnet. Die Erkrankung ist komplex und viele Betroffene schaffen es nicht, ihr viel zu hohes Gewicht langfristig zu reduzieren. Für diese Menschen hat die Allgemein- und Viszeralchirurgie am Krankenhaus Rotthalmünster das Adipositas-Netzwerk Ostbayern aufgebaut und bietet neben konservativen Verfahren die Adipositaschirurgie als effektivste Behandlungsoption an.

VON PRIV.-DOZ. DR. MED. CARL ZÜLKE, CHEFARZT DER ALLGEMEIN- UND VISZERALCHIRURGIE AM KRANKENHAUS ROTTHALMÜNSTER

Chefarzt PD Dr. med. Carl Zülke, Facharzt für Chirurgie mit Schwer-punkt Viszeralchirurgie

Wann spricht man von Adipositas?

Die Weltgesundheitsorganisation definiert Adipositas durch den sog. Body-Maß-Index (BMI). Er berechnet sich aus dem Körpergewicht geteilt durch die Körpergröße² (kg/m²). Übersteigt der BMI einen Wert von 25 kg/m², wird von Übergewicht gesprochen, bei einem BMI größer 30 kg/m² von Fettleibigkeit. Aber der BMI ist ein sehr grober Anhaltspunkt, weitere Kriterien sind stets nötig.

Wie häufig ist Adipositas?

Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland leidet an Übergewicht. Fast ein Viertel der Deutschen ist fettleibig, d.h. sie haben einen BMI größer 30 kg/m², Tendenz steigend. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass eine Verdoppelung der Adipositas bei den unter 30-Jährigen (inklusive Kinder / Jugendliche) festgestellt werden musste.

Welche Erkrankungen können auf Adipositas zurückgeführt werden?

Zu den gesicherten Erkrankungen gehören:

    • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (wie Herzinfarkt, Schlaganfall)
    • Bluthochdruck
    • Diabetes mellitus Typ 2
    • Insulinresistenz
    • Gicht
    • Refluxerkrankung
    • Fettstoffwechselstörungen (erhöhtes Cholesterin)
    • obstruktive Schlafapnoe
    • degenerative Veränderungen des Stütz- und Bindegewebssystems
    • Venenschwäche/ -thrombose
    • Arthrose.

Eine unbehandelte oder fortschreitende Adipositas führt zu einer wesentlichen Verkürzung der Lebenserwartung und insbesondere der Lebensqualität.

Krebs infolge von Adipositas
Da das überschüssige Fettgewebe eine enorme hormonelle Aktivität aufweist, kann dies auch zu einer bevorzugten Entstehung einzelner Tumorarten führen, wie z. B. Brust-, Gebärmutter-, Eierstock-, Darm-, Bauchspeicheldrüsen- oder Speiseröhrenkrebs.

Welche Faktoren begünstigen die Entstehung der Adipositas?

Zu den Risikofaktoren zählen v. a. ein ausgeprägter Bewegungsmangel, eine fehlerhaft zusammengesetzte Nahrung, inklusive hochkalorischer Getränke sowie deren ständige Verfügbarkeit. Über die zunehmend erforschte Rolle von genetischen Veränderungen kommen immer mehr spannende Erkenntnisse.

Kann Fettleibigkeit alleine durch das Skalpell geheilt werden?

Nein, auf keinen Fall. Genau aus dieser Erkenntnis wurde ein breit aufgestelltes Netzwerk, das Adipositas-Netzwerk Ostbayern (ANO) ins Leben gerufen. Ambulante und stationäre Einrichtungen und Berufsgruppen vielfältiger Art sollen sich im Idealfall zum dauerhaften Wohle des Patienten ergänzen. Die günstige Lage des operativ zuständigen Krankenhauses Rotthalmünster zentral im bundesweit einmaligen Bäderdreieck, genauso wie die Leistungsfähigkeit der gesamten Gesundheitseinrichtungen des Landkreises Passau, stellen eine hervorragende Chance dar für die erfolgreiche und vor allem nachhaltige Behandlung.

Die Gene bestimmen mit, ob jemand Übergewicht entwickelt. (Foto: Fa. Johnson & Johnson)

Innerhalb der Gesundheitseinrichtungen des Landkreises besteht über mehrere Standorte hinweg eine leistungsstarke Abteilung für Psychosomatische Medizin mit den stationären und ambulanten Standorten Wegscheid, Passau sowie Bad Füssing. Gerade die damit eng verbundene Verhaltensanalyse und nachfolgende Therapie ist mitentscheidend für den geforderten nachhaltigen Therapieerfolg. Neben diesen stationären und ambulanten Diagnostik- und Therapieangeboten der einzelnen Krankenhäuser weist das sich beständig im Ausbau befindliche ANO für die kontinuierliche ambulante Betreuung der Patienten eine bereits große Anzahl weiterer ärztlicher und nicht-ärztlicher Partner auf. Der Anspruch des ANO ist es, dem Patienten einen zentralen Ansprechpartner zur Seite zu stellen, um eine nachhaltige, notfalls lebenslange Einbindung des einzelnen Patienten an genau die Einrichtungen zu ermöglichen, die ihm den größtmöglichen Dauererfolg bieten können.


Für den Langzeiterfolg ist oftmals eine lebenslange Unterstützung notwendig.

Wird Adipositas von den Krankenkassen als eigenständige Krankheit anerkannt?

Das Bundessozialgericht hat 2003 klargestellt, dass es sich bei der Adipositas um das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn handelt. Es existiert bereits eine wissenschaftlich abgesicherte Leitlinie, also eine klare Behandlungsvorgabe für die Adipositas in Deutschland. Diese sieht ab einem BMI von 40 kg/m² die bariatrische Operation (Eingriff zur Behandlung des Übergewicht, der Adipositas) als vielversprechende Therapieoption vor, beim gleichzeitigen Vorliegen von Nebenerkrankungen bereits ab einem BMI von 35 kg/m².

Wie oft finden solche OPs statt?

Jährlich erfolgen in Deutschland rund 10,5 bariatrische Eingriffe pro 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: In der Schweiz sind es ca. 52 und in Schweden 115 Eingriffe pro 100.000 Einwohner.

Gibt es auch andere erfolgsversprechende Behandlungsmethoden?

An dieser Stelle ist ausdrücklich die prinzipielle Gleichwertigkeit verschiedener Therapiekonzepte zu betonen. Getreu dem Motto “Viele Wege führen nach Rom”. Bei fortgeschrittener Adipositas ist jedoch nach momentanem Wissensstand in den meisten Fällen eine Operation notwendig, um einen langfristigen Erfolg erzielen zu können.

Wie sehen die unterschiedlichen Operationsverfahren aus?

Magenbypass: Der Dünndarm wird mit dem verkleinerten Magen verbunden, sodass die Nahrungspassage verkürzt und weniger Nahrung verdaut wird. (Grafik: Fa. Johnson & Johnson)

Die erfolgreichsten Operationsverfahren zielen auf eine verringerte Nahrungsaufnahme ab, also auf eine Verwertungsstörung der Nahrung infolge der Verkleinerung von Magen und dem verdauungsaktiven Anteil des Dünndarms. Unter Bypass-Verfahren versteht man Operationen, die durch Ausschalten (Bypass) von einem unterschiedlich großen Anteil des Verdauungstrakts dazu beitragen, dass die verringerte Menge an Nahrung nur unvollständig vom Körper verwertet werden kann. Dem gegenüber steht das Prinzip des sog. Schlauchmagens, bei dem ursprünglich die reine Verringerung des Magenvolumens im Vordergrund stand. Auch bei der Schlauchmagen-Operation kommt es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Speisepassage und somit zu einer verringerten Resorption der Nahrung.

Wie effektiv ist eine erfolgreiche Adipositas-chirurgische OP?

Aktuell wird noch sehr auf den reinen Verlauf der Gewichtsreduktion geschaut. Zwei bis drei Jahre nach erfolgter Operation kann im Durchschnitt mit einer Verringerung des Übergewichts gegenüber dem Normalgewicht von 70 bis 80 Prozent gerechnet werden. Und dieser Effekt hält oftmals an. Bei Diabetes spielen verschiedene Faktoren eine Rolle für den Erfolg, dennoch kann in über 60% der operierten Fälle ein weitgehender Rückgang / Verschwinden der Erkrankung erwartet werden.

Wie kann ich mich beim Adipositas-Netzwerk Ostbayern anmelden?

Nach der Kontaktaufnahme mit dem Sekretariat der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Krankenhaus Rotthalmünster (Tel.: 08533/99-1333) erhält man einen Fragebogen, der wertvolle Vorab-Informationen liefert. Nach Erhalt des Fragebogens wird zeitnah ein erstes Informationsgespräch vereinbart. Bei positiver Einschätzung wird im Anschluss ein Termin zur psychologischen Besprechung je nach Wohnort des Patienten vereinbart. Ebenfalls heimatnah werden die geeigneten Kooperationspartner für Ernährungstherapie und ggf. Bewegungs-/ Fitnesstherapie ausgesucht. Nach erfolgreichem Abschluss dieser mindestens sechsmonatigen Vorbereitungszeit kann dann die individuelle optimale Operationsform geplant werden.